32 schottische Hymnen (Sacred Songs), Melodien Nr. 1-10

Lachlan MacBean: The Songs and Hymns of the Scottish Highlands, 1888
Lachlan MacBean: The Songs and Hymns of the Scottish Highlands, 1888

Wir präsentieren: 64 alte schottisch-gälische Melodien, oktaviert oder auch transponiert zum Nachspielen auf der Blockflöte. Die 'Tunes' stammen aus der 1888 veröffentlichten Liedersammlung "The Songs and Hymns of the Scottish Highlands" von Lachlan MacBean. Sie sind dort aufgeteilt in 32 "Sacred Songs", also geistliche/christliche Lieder bzw. Loblieder (Hymnen), und 32 "Secular Songs", also weltliche Lieder.

Warum wir gerade diese Liedersammlung ausgewählt haben? Weil mit Lachlan MacBeans Kollektion zum ersten Mal der Hymnus "Child In The Manger" veröffentlicht wurde bzw. die diesem Gedicht zugrunde liegende Melodie im Notensatz erschien, die ein Jahrhundert später weltberühmt wurde durch Cat Stevens Version "Morning has broken". Und wir wollten 'mal schauen, ob sich nicht weitere musikalische Schätze in dieser Sammlung finden lassen.

Viel Spaß beim Anhören der 64 Melodien (unser Abspielprogramm spielt sie vor), beim Lesen der Notation (das Abspielprogramm markiert die jeweils erklingende Note) und beim Nachspielen - zum Beispiel auf der Blockflöte.


A: Sacred Songs
1. schottische Hymnen Nr. 1-10


1. Luchd-Turuis Na Beatha - Life's Pilgrims

In Lachlan MacBeans Liedersammlung von 1888 ist der folgende Hymnus vierstimmig als Chorsatz notiert, siehe hier: Life's Pilgrims, vierstimmig. Nachfolgend ein Auszug der Sopranstimme, oktaviert für Blockflöte. Diese einstimmige Melodie basiert auf der pentatonischen Skala f-g-a-c-d.

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"The verses are from John MacLean's 'Saorsa tre fhuil an Uain'. The harmony is by W. H. Murray, Glasgow."


2. An Dachaidh Bhuan - The Lasting Hame

Auch diese Melodie entspricht dem Sopran in der vierstimmigen Notation, siehe bzw. höre: The Lasting Hame, vierstimmig. Die Vorzeichnung des Sopran-Auszugs mit zwei Be (♭) folgt der harmonisierten Partitur, der vierstimmige Chorsatz ist tatsächlich in B-Dur notiert. Für die hier 'ausgekoppelte' erste Stimme hätte auch ein Be (F-Dur) ausgereicht, denn die Note e, die durch das zweite Be zu es erniedrigt wird, kommt gar nicht vor.

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"From the favourite hymn by P. Grant. The air was noted down for this collection from a Gaelic singer, and harmonised by Mr Murray, Glasgow."

Diese einstimmige schottische "Air" war ursprünglich vermutlich modal gedacht. Ob sie nun aber dem mixolydischen oder dem dorischen Modus angehörte, lässt sich nicht sagen. Der entscheidende Unterschied, die dritte Tonstufe in beiden Kirchentonarten, fehlt.

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3. An Aiseirigh - The Resurrection

Das dritte der insgesamt fünf vierstimmig gesetzten schottischen Hymnen in: 5 vierstimmige schottische Melodien – harmonised Hymns of the Scottish Highlands - hier wieder als einstimmiger Auszug. Sowohl der Chorsatz als auch der folgende Auszug der oberen Stimme stehen in g-moll. Die einstimmige Melodie lässt sich auch dem äolischen Modus zuordnen.

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"Words from Buchanan's 'Day of Judgment'.The air is of Ossianic origin, and a good version of it was recovered by the late J. F. Campbell of Islay. The harmony is by W. H. Murray, Glasgow."


4. Gloir An Uain - The Glory Of The Lamb

Dieser lammfromme "Sacred Song" ist im dorischen Kirchenton geschrieben. Eine Variante findet sich bei den weltlichen Liedern, siehe: Lied 18. Fair Young Mary im 2. Part: The Songs of the Gael. Dort hat ein verliebter Bräutigam die Melodie in den äolischen Modus überführt.

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"From the hymn bearing this title by P. Grant. The English, by L. MacBean, is not a translation, but imitates the expressions and poetical form of the Gaelic verses."


5. Laoidh Molaidh - Hymn Of Praise

Wie so viele schottische Melodien (z. B. auch das vorangegangene Lied Nr. 4) steht der folgende Lobgesang im dorischen Modus. Dieser erste Kirchenton war bereits im Gregorianischen Gesang des Mittelalters der beliebteste. Untransponiert endet die dorische Kirchentonart auf dem Ton d. Und die dorischen Melodien finden in dieser Finalis einen klaren Abschluss - auch für unsere von der Dur-Moll-Tonalität geprägten Ohren.

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"Words from a sacred song by P. Grant. The melody has not been printed before."

Bitte beachten: Das hier verwendete Abspielprogramm ignoriert leider die Wiederholungsanweisungen in der Notation. Die ersten vier Takte (inklusive Auftakt) müssen wiederholt werden, bevor es mit dem zweiten Teil des Liedes weitergeht.


6. An T-Aite Bh' Aig Eoin - Where John Lay

Im Original steht dieser Hymnus im "Key E♭" mit drei ♭ als Vorzeichnung. Hier haben wir es von Es-Dur nach F-Dur transponiert, um die Vorzeichnung zu reduzieren und so das Spielen auf der Blockflöte zu erleichtern. Die Melodie steht in klarem Dur, auch der für das Tongeschlecht Dur so charakteristische Leitton wird genutzt, also die 7. Stufe der Durtonleiter, die dann per Halbtonschritt zum Grundton strebt. In F-Dur ist das der Schritt von e zu f, den wir hier im Übergang von Takt 3 zu 4 finden (der Auftakt wird nicht mitgezählt!) und auch zum Schluss im Übergang vom vorletzten zum letzten Takt - dort dann nur leicht kaschiert durch ein zwischengeschaltetes g (e-g-f).

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"Hymn by P. Grant. Tune noted down for this collection from a Gaelic singer."


7. Am Bàs - Death

Im Kontrast zum vorherigen Lied verzichtet das folgende konsequent auf den Leitton. Die siebte Stufe in G-Dur, der Ton fis, wird kein einziges Mal benutzt. Zu einem festen Abschluss, auch für unser modernes Hörempfinden, kommt die Melodie dennoch - durch den Quartsprung aufwärts von d zu g (in klassischer Musik also die typische Schlussformel Dominante-Tonika, der sogenannte Ganzschluss).

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"Words selected from an elegy by Rob Donn. The air is also by Rob Donn, and was published in 'Popular Gaelic Melodies', 1877."

In obiger Notation könnte also auf das vorgezeichnete Kreuz (♯) zur Erhöhung von f zu fis schlicht verzichtet werden, ohne irgendetwas am Lied zu ändern. Das Notenbild ließe dann direkt auf den mixolydischen (bzw. hypomixolydischen) Modus mit seiner Finalis g schließen. Wenn wir dann aber noch alle Noten um eine reine Quarte nach oben verschieben, erklingt die Melodie in C-Dur - oder, um in Kirchentonarten zu sprechen, im ionischen Modus mit der Finalis c.

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Im Original ist der Hymnus übrigens in As-Dur notiert. In diesem Fall könnten wir nicht einfach eins der vier ♭ Vorzeichnung löschen, ohne die Intervallstruktur und damit die Melodie zu zerstören, auch wenn weiterhin der Leitton (in As-Dur also der Ton g) ausgespart bleibt. Das liegt daran, dass sich in den Be-Tonarten die Vorzeichen nicht auf den Leitton beziehen, in den Kreuz-Tonarten (wie oben in G-Dur) aber schon.

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8. Aideachadh - Confession

Die Beichte ("Confession") erfolgt in c-moll oder im (von a nach c transponierten) äolischen Modus. Zu beachten sind die Fermaten auf den drei letzten Noten (das Abspielprogramm missachtet sie, sorry), die den Tönen besonderes Gewicht verleihen und wohl auch eine Art Ritardando (langsamer werdend) implizieren.

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"Words from Dugald Buchanan's 'Prayer'. The tune has not been published before."


9. Oran Do'n T-Saoghal - The World

Ein Lied im ionischen Kirchenton bzw. in C-Dur, bei dem wieder konsequent der Leitton h vermieden wird.

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From P. Grant's hymn. The air belongs to this hymn, and was noted down for the present collection."


10. Cuiresdh Chriosd - Christ's Invitation

Und erneut ein Hymnus im ionischen Modus bzw. in C-Dur unter Auslassung des Leittons. Auch die Schlussformel e-f-d-c ist identisch mit der im vorangegangenen Lied Nr. 9.

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"From a hymn by Dr. M'Gregor. The air appeared in the 'Gael', to John Morrison's hymn 'Maise Chriosd'."



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